Was der Hullbreacher-Ban wirklich über Commander aussagt – ein Versuch einer Annäherung

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Findest du den Hullbreacher-Ban in Commander/EDH gerechtfertigt? Magic (Kokos)Nuss sagt ganz klar: Nein!

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Vorabinformation: Dieser Artikel widerspiegelt einzig und allein meine persönliche Meinung. Und nein, ich möchte niemanden angreifen. Und ja, ich spiele gerne Commander/EDH.

Let’s go! Am 12. Juli 2021 schlug der Banhammer wieder zu: Hullbreacher musste seine Koffer packen und wurde aus dem Commander/EDH-Format verbannt. Ganz so überraschend kam dieser Ban wohl nicht. Doch er stiess mir sauer auf. Nicht nur weil ich eine Borderless-Foil-Version davon besitze, sondern weil der Ban im Grunde genommen genau das verfestigt, was mich schon seit einiger Zeit an diesem Format stört. Dazu komme ich später.

Commander/EDH-Bannings werden nicht wie die üblichen Bannings von Ian Duke kommuniziert. Es gibt ein vierköpfiges Kommittee (wer da alles dabei ist könnt ihr hier nachlesen), das sich um die Commander/EDH-Banlist kümmert. Das sogenannte ‚Commander Rules Committee‘ (kurz: Commander RC) ist eine unabhängige Gruppe von Commander-Spielern und -Fans, die sich um die Regel und offizielle Banlist kümmern (Quelle: MTG Wiki).

Wie dem auch sei. Gehen wir nochmals einen Schritt zurück. Am 20. November 2020 kam das ‚Commander Legends‘-Set raus. Ein Set, das die Herzen der Commander-Players höher schlagen liess. Und in der Tat muss auch ich als Commander-Newbie und -Noob sagen, dass das Set wirklich toll ist. Übrigens: meiner Ansicht nach ist das Set eine gute Wertanlage, da das Commander-Format wohl so schnell nicht an Beliebtheit verlieren wird. Aber es war auch sonst einfach ein gelungenes Set. Ich blicke somit schon gespannt auf eine – hoffentlich – zweite Ausgabe von Commander Legends.

Nun gut. In diesem Set gab es einige schöne Reprints, die es von nun an auch im Borderless-Style gibt, wie beispielsweise Vampiric Tutor oder Mana Drain. Dazu kamen aber viele neue Karten. Einige davon waren bei den Commander-Players ziemlich hoch im Kurs. So wie beispielsweise Opposition Agent, Jeweled Lotus oder Hullbreacher. Um den Letzteren geht es hier ja in diesem Artikel:

Hullbreacher ist eine Wucht. Und ja ich muss gestehen, dass ich mit meinem Aesi-Deck so ziemlich alt gegen diesen kleinen CMC3-Piraten aussah. Auf die Aesi-Carddraw-Triggers antwortete Hullbreacher wie der Dude, der im Casino das Roulette bedient, mit einem „rien ne va plus – nichts geht mehr“. Für drei Mana erhält man mit Flash einen 3/2 Body und die Gegner_innen ziehen keine weiteren Karten, sondern nur ihre erste im Drawstep. Falls man noch weitere ziehen würde, so erhält die/der Besitzer_in von Hullbreacher Treasure Tokens. Notion Thief und Narset, Parter of Veils machen dasselbe, jedoch nicht so effizient wie Hullbreacher.

Nach ein bisschen mehr als einem halben Jahr wurde der blaue Merfolk-Pirat für unbestimmte Zeit in die Reserve-Mannschaft verdonnert und darf in (mehr oder weniger) offiziellen Commander-Runden nicht mehr auf dem Spielfeld auflaufen. Kurz: Das Commander Rules Committee hat Hullbreacher auf die Commander Banlist gesetzt. Aus, Ende, Arrivederci, Adios, Tschou zämmä! Die Meldung sah dabei wie folgt aus (Screenshot):

Quelle: https://mtgcommander.net/index.php/2021/07/12/july-2021-update/

Der erste Satz zeigt ziemlich deutlich, dass Hullbreacher schon bei seinem Release unter Beobachtung stand. Ein Hauptproblem von Hullbreacher ist, so das Commander Rules Committee, dass er die Carddraws der Gegenspieler_innen abstellt, während ihr/sein Besitzer_in den Effekt von Hullbreacher abusen kann. Beispielsweise mit Wheel-Effekten: Man macht, dass sämtliche Players die Hand abwerfen müssen, wobei man selbst als einzige_r Spieler_in wieder Karten ziehen kann. Mehr zum Wheel-Effekt findet ihr hier. Wheel of Fortune oder Timetwister sind Klassiker für einen Wheel-Effekt. Um diesen Wheel-Effekt aber nicht gleich komplett aus dem Commander-Format zu eliminieren, schreibt das Commander Rules Committee, dass Notion Thief und Narset, Parter of Veils ja immer noch denselben Job erledigen würden. Aber! Auch diese beiden Karten werden beschattet, so wie das Committee im letzten Satz schreibt.

So, nun haben wir die Geschichte ein bisschen aufgearbeitet und jetzt geht es zum eigentlichen Artikel und meiner persönlichen Einschätzung zum Hullbreacher-Ban. Und ich möchte gleich mal provokativ behaupten, dass nicht der Hullbreacher das Prblem ist, sondern eine starre Spielkultur. Das ist etwas, was mir schon seit längerer Zeit ein bisschen ein Dorn im Auge ist, wenn ich an das Commander-Format denke.

Warum? Wenn ich ein Commander-Deck baue, dann suche ich den Rat der Commander-Cracks. Was muss ich in mein Deck reinnehmen? Was sollte man weglassen? Und so weiter und so fort. Als Antwort heisst es oft: Viel Ramp! Viel Carddraw! Viele Mass-Removals! Und ja, wenn ich Commander spiele, dann haben wirklich alle Decks: Viel Ramp! Viel Carddraw! Viele Mass-Removals! Somit verstehe ich diese Ratschläge als Teil der Commander-Spielkultur (mein persönlicher Eindruck).

Aber hier liegt meiner Ansicht nach der Hund begraben. Wenn es nur noch Decks mit viel Ramp, viel Carddraw und vielen (langsamen) Mass-Removals gibt, dann verstehe ich, dass Hullbreacher ein böser, ja ein ganz ganz ganz ganz ganz böser Pirat ist. Warum? Er macht einen wichtigen Teil der Spielkultur zunichte. Und zwar den Carddraw. Das wirkt sich auch auf das Rampen und die Mass-Removals aus, weil diese nicht mehr so effizient nachgezogen werden können. Liegt ein Hullbreacher auf dem Feld, so haben wohl die anderen Players am Tisch sicher ein gutes Dutzend ‚tote Karten‘ im Deck, mit denen sie gerne Karten gezogen hätten. Blöd, nicht?

Ich persönlich finde das ganz und gar nicht blöd. Zu oft sitzt man an einem Tisch, alle rampen sich höher in den Himmel als der Turm in Dubai und ergötzen sich an ihren Carddraws. Wenns mal knapp wird, dann zündet man halt ein Mass-Removal. Mal salopp formuliert.

Kommen wir somit zur Essenz. Meiner Ansicht nach ist nicht Hullbreacher das Problem, sondern eine Spielkultur, die es nicht gewohnt ist, auch mal ein Spot-Removal in ein Deck einzubauen. Und ich hab es wirklich auch erlebt, dass ein Hullbreacher ein ganzes EDH-Game nicht gehandelt werden konnte. Dabei würde der kleine Pirat durch so zahlreiche – hier als Beispiel sogar nur CMC1 – Spells in den Friedhof oder ins Exil wandern: Lightning Bolt, Shock, Fatal Push (mit Fetch oder so), Swords to Plowshares, Path to Exile, Vendetta, Smother, Shivan Fire, Ulcerate, Disfigure, Bloodchief's Thirst, etc.

Und hey, stellt euch jetzt nur mal vor, was es alles für Möglichkeiten für zwei oder mehr Mana gäbe. Das wäre ja verrückt, so etwas im Commander zu spielen! Das war ironisch gemeint. Ganz ehrlich, ich musste auch ein bisschen schmunzeln, als der Hullbreacher verbannt wurde. Weil ich spiele kein anderes Format, das über einen solch grossen Kartenpool verfügt und somit sämtliche Antworten vorhanden wären. Ich meine come on, sind 100 Karten wirklich so wenig, dass man nicht mal ein einfaches Removal einbauen kann?

Bitte versteht mich nicht falsch. Ich finde Commander/EDH (nennt es wie ihr wollt) ein fantastisches Format. Und ja, ich verstehe den Hype ganz gut. Aber für mich, der von Modern und Limited kommt, ist der Hullbreacher-Ban wirklich völlig unverständlich. Ich glaube mit ein paar wenigen Removals mehr in einem 100-Karten-Deck fällt niemandem eine Zacken aus der Krone. Im Gegenzug gäbe es aber vielmehr Interaktion! Und ihr kennt mich ja: Interaktion mach für mich das Spiel aus.

Und eigentlich fand ich die Spiele mit Hullbreacher auf dem Feld (auch wenn er nicht meiner war) viel spannender als jene ohne. Zum einen hatte man einen gemeinsamen Feind gefunden. Das gab tolle politische Absprachen. Und zum anderen fand ich es interessant zu sehen, wie alle versuchten einen Weg zu finden, um den Hullbreacher loszuwerden. Meiner Ansicht nach kam da immer bessere Stimmung auf, als wenn alle Players mit ihrem Ramp, Carddraw und der Suche nach den Massen-Removals oder ihrer Win-Combo beschäftigt waren.

Anscheinend bin ich mit meiner Meinung auch nicht so alleine:

So, das war jetzt ein langer Artikel. Falls ihr es bis hierher geschafft habt: Hut ab! Und vielen Dank fürs Lesen! Wie gesagt, der Text widerspiegelt einfach (m)eine Meinung. Diese hat keine Allgemeingültigkeit. Wie steht ihr so zum Hullbreacher-Ban? Gerechtfertigt oder nicht? Und warum? Lasst es uns doch wissen, gleich hier unten im Kommentarfeld. Eure Magic (Kokos)Nuss

Autor

Magic Nuss ist passionierter Modern und Limited Spieler. Mit seinen Beiträgen versorgt er die Schweizer Magic Community mit den aktuellsten Themen und Geschehnissen rund um unser heiss geliebtes Sammelkartenspiel. Wenn die Magic Nuss gerade nicht in die Tasten haut, dann trifft man den Jund-Fanatiker auch hie und da in den Berner Ligen oder an internationalen Grand Prix. Magic Nuss legt grossen Wert auf Fairness im Spiel und in der Magic Community.

Autor: Magic Nuss

Magic Nuss ist passionierter Modern und Limited Spieler. Mit seinen Beiträgen versorgt er die Schweizer Magic Community mit den aktuellsten Themen und Geschehnissen rund um unser heiss geliebtes Sammelkartenspiel. Wenn die Magic Nuss gerade nicht in die Tasten haut, dann trifft man den Jund-Fanatiker auch hie und da in den Berner Ligen oder an internationalen Grand Prix. Magic Nuss legt grossen Wert auf Fairness im Spiel und in der Magic Community.

10 Gedanken zu „Was der Hullbreacher-Ban wirklich über Commander aussagt – ein Versuch einer Annäherung“

  1. Hoi Reto
    Wie immer ein spannender und gut recherchierter Artikel.
    Die Asymmetrie vom Hüllen-Brecher steht halt schon einem etwas anderen Licht als seine mitgenannten (welche scheinbar auch unter Beobachtung stehen). Er macht auf ein erfolgreiches Wheel den Besitzer unglaublich reich. Und das finde ich schon einen Punkt der ihn krass OP macht und zudem noch instant speed. Andere Mitstreiter seines Genres sieht man halt kommen! Alles anderen Argumente bzgl. removal und ramp kann ich unterstützen und sehe ich genauso.

  2. Hoi Ädu! Danke vielmals fürs Lesen!
    Ja Hullbreacher ist wahrscheinlich bisschen zu viel des Guten gewesen. Aber der Ban zeigt mir irgendwie etwas interessantes über die EDH-Spielkultur. Gerade für mich als Neuling ist das interessant.

    Danke!

  3. Super Artikel! Bin ebenfalls der Meinung, dass er primär ein Problem ist weil zuviele decks zu viele EDH staples spielen, die dann wiederum sehr hart getroffen werden von Hullbreacher.

    Spannend wiederum finde ich, dass dann aber beispielsweise opposition agent kein Problem darzustellen scheint. Denn der geht ja in eine ähnliche Richtung (weniger krass?) Any thoughts?

    1. Danke vielmals fürs Lesen! Ich finde deine Frage sehr interessant mit dem Opposition Agent. Eigentlich geht das schon ziemlich in dieselbe Richtung. Aber ich habe diesbezüglich noch zu wenig Erfahrung. Aber ich kann mir vorstellen, dass dieser Agent auch schon beobachtet wird…

  4. Hallo MN

    Ich bin der Meinung, die RC macht zu wenig, bzw. braucht es gar nicht. Als ein Casual-Format ist es irgendwie sinnlos irgendwas Offizielles zu haben. Es gibt zig missbräuchliche Möglichkeiten in Commander um daraus einen Vorteil zu generieren. Diese werden dann „sozial“ gebannt, indem diese Spieler* nicht mitspielen dürfen, oder ein anderes Deck nehmen müssen.

    Aus dem „Mimimi“ der Spielkultur höre ich nur raus, dass eigentlich die meisten Solitair spielen wollen, wobei die anderen gefälligst zuschauen sollten. Und dann solche Decks meiden, die das unterbinden. Ansonsten hätten wir mehr massiv-land-destruction spells, stax-pieces, hand disruption, mill, control, etc.
    All diese Karten sind aber nicht banned. Ist „destroy all lands“ tatsächlich okay, aber Coalition Victory darf nicht gespielt werden?
    Armageddon lässt einen nicht automatisch gewinnen (braucht andere karten dazu), aber wenn jemand Coalition Victory resolven kann, dann ist es wenigstens vorbei für alle. Neue Runde, neues Glück.
    Die Gründer von EDH und später RC hätten es unterbinden müssen, dass WotC sich in Commander einmischt. Zum Beispiel alle Karten bannen, die nicht durch ein Standard-Set in den Cardpool gekommen sind. Kein Hullbreacher, keine Eminence, kein Teferis Protection, keine gratis spells, wenn Commander auf dem Spielfeld, etc.
    Commander-Decks wären 100% reprints (und für die bessere Verfügbarkeit, gleich alles bannen, was auf der reserved list steht, aber anderes Thema). Die Idee, Karten, die man sonst nirgends spielen kann, doch mal zu sehen, war die Geburt dieses Formats. Extra 100 Karten, alles einmalige spells, damit viel Varianz in den Spielen ist. Leider haben solche Decks keine Chance (zu janky ging früher auch schon nicht, etwas Synergie muss es schon haben). Wer hat heute nicht Sol Ring und Arcane Signet im Deck, mit Command Tower?
    Und je nach Farbkombi „muss“ man dutzende staples ins Deck tun, sonst kann man zuschauen, wie der generic simic Spieler* seine drölfmillionen Mana nutzt um drölfach so viele Karten zu ziehen, damit dieser wieder rampt. Zum Schluss hätte er das alles nicht gebraucht, die wincon schon seit Zug 3 spielen können, aber es lustiger findet, andere zuschauen zu lassen wie sein Nicht-hullbreacher-, nicht-Iona-, nicht-„andere banned Karte“-Deck abgeht.
    Als Gegenargument hört man oft, dass dieser Spieler* in einem echten Spiel sehen will, ob es funktioniert und deswegen nicht zu Hause sitzt um es alleine zu spielen. Aber sobald jemand in echt ein Hullbreacher spielt, kommt sofort das gejammere, was das für eine unfaire Karte sei, die verhindert, dass in einem echten Spiel, sein Deck nicht funktioniert.
    Nicht sein Deck ist schlecht, oder er muss es umbauen, oh nein, diese Karte ist schuld.

    Leider kuschelt RC zu fest mit WotC für meinen Geschmack. Leider will die Spielkultur wenig Interaktion. Leider füttert WotC diesen Playstyle und verschwendet Slots in nicht-commander-Produkten für Karten mit „each opponent“… Leyline of Sanctity, du hast deinen Zenit lange hinter dir.

    Gibt es Lösungen, damit Commander interaktiver wird? WotC hatte uns Hullbreacher „geschenkt“. Dieser wurde massakriert, RC macht so gut wie nichts, egal in welchem Bereich.
    Community kann man nicht erziehen, Commander ist zu kommerziell geworden, als dass man zurückspulen könnte.
    Spielgruppe finden, die gleich denkt, wäre ideal. Aber ist sehr schwer aufzufinden.
    Bad Guy werden und nur noch Narset+Wheel spielen um die Solitair-spieler zu nerven? Geht wohl nicht lange gut.
    Andere „Lösungen“ wären noch Format wechseln, Spiel wechseln, Hobby wechseln, gibt ja noch viele Sportarten, Kunstformen, soziale Projekte.
    Oder, wie die meisten wahrscheinlich, schätze ich, weitermachen wie bisher. Sich über andere Spieler aufregen, selber es aber genauso machen, sich auf neue Karten von WotC freuen und diese dafür dann verdammen, jammern über zu viel Interaction aber gleichzeitig nach Lösungen schreien füf problematische spells. Ergo: alles bleibt wie bisher. 😉
    Hullbreacher war kein Problem, er hat nur widergespiegelt, dass wir selber das Problem sind, es aber nicht unter die Nase gerieben haben möchten.

    Im Grunde bin ich mit deiner Sicht also einverstanden. 👍
    Gruss

    1. Hallo Falant. Vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Du hast dich anscheinend auch mit dem Thema auseinandergesetzt. Das finde ich toll! Möglicherweise kann der Hype von Commander auch einen zerstörend auf das Format wirken, gerade seit es immer wie mehr gepusht wird. Aber eben, dafür spiele ich noch zu wenig lange das Format. Ich hoffe einfach, dass es mehr Varianz gibt. Und ja, ich fände ies grossartig, wenn 4 Commander-Players nur reine Beatdown-Decks spielen würden. Dann gäbe es endlich mehr Interaktion. Ich finde es langweielig, wenn sich jemand wie Cersei hinter den Mauern verschanzt.

      Mal schauen, wie es in Zukunft wird. Ich bin gespannt 🙂

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